125 Jahre

Feuerwehr-Spektakel: Ein Höhepunkt jagte den anderen

Bericht FT vom 28.06.1993 über´s Festwochenende zum 125jährigen Bestehen der FF Hz

Herzogenaurach. Es war das angekündigte Fest der Superlative – Ein Höhepunkt jagte
den anderen, als die Freiwillige Feuerwehr zur Feier ihres 125jährigen Bestehens einlud. Rund 5.000 Zuschauer erlebten begeistert mit, wie am Samstag 250 Feuerwehrleute einen neuen Weltrekord aufstellten. Etwa 3.300 Teilnehmer zählte der Festzug am Sonntag Nachmittag, weit mehr als 5.000 Menschen dürften das Spektakel in der Innenstadt an den Straßenrändern mitverfolgt haben. Und schließlich zogen zum Auftakt des Fests die „Zillertaler Schürzenjäger“ etwa 3.000 Besucher ins Festzelt.
Eindrucksvoll gestaltete sich die Schauvorführung, die den absoluten Höhepunkt des Jubiläums als Ziel hatte: den Weltrekord.
Tausende von Neugierigen zog es an die Aurachwiesen hinter dem Bigu-Markt, sie säumten die Tuchmachergasse, die Steinerne Brücke und den Parkplatz an den Wiesen. Jeder war gespannt, was die Feuerwehr bieten würde und alle waren zufrieden, als (fast) alles klappte.
Im Laufschritt kamen die 250 Männer der Feuerwehren aus Herzogenaurach und Umgebung über die Steinerne Brücke. Jeweils zwei Mann schnappten sich einen Schlauch und warteten auf den Rekordversuch. Aus 18 Pumpen wurde der Aurach, die man Tage zuvor schon aufgestaut hatte, um genügend Wasser zu haben, das Naß entzogen. 18.000 Liter bliesen die Leute pro Minute gen Himmel. 50 Verteiler sorgten dafür, dass auch alle Schläuche genügend Wasser und Druck erhielten. Und es klappte – 155 Meter lang war eine Wasserwand, die zur Marschmusik errichtet wurde.
Den Einmarsch hatte die „Leichte Division“, ein Marsch aus Portugal, erleichtert, während der Parademarsch der 18. Husaren den Aufbau der Wasserwand – von den Außenseiten wurde Schlauch für Schlauch mit Wasser versorgt – begleitete. Und als die Wand schließlich stand, insgesamt zwei Minuten lang, erklang triumphierend ein Auszug von Wagners Tannhäuser. Die Zuschauer waren überwältigt von einem rundum gelungenen Spektakel, das so leicht aussah, aber dessen Gelingen gar nicht so selbstverständlich war. Hoffentlich gibt die Aurach genügend Wasser her, hoffentlich funktionieren die Pumpen richtig, waren zwei Bitten, die die Wehrmänner beschäftigten. Von der Musik selbst – Tom Wild vom Zweifeisheimer Tonstudio hatte Lautsprecherwände aufgebaut – bekamen die Wehrmänner selbst nichts mit, zu laut dröhnten die Pumpen und rauschte das Wasser.
Auch die Brand-Vorführungen fanden bei den Zuschauern viel Interesse. Ein Magnesiumbrand wurde gelöscht, und wie schwierig dieses Unterfangen ist, zeigte die Wehr anhand verschiedener Einsatzmöglichkeiten. Bis zu 1.800 Grad heiß werden solche Brände, da hilft kein Schaum mehr. Kohlensäure, mit einer Temperatur von minus 79 Grad wurde eingesetzt, allein es half nichts. Das Allheilmittel Wasser schürte die Flammen nur noch, so dass eigentlich guter Rat teuer wäre. Was half? Kein noch so teueres Löschmittel, sondern einfacher Sand. Die Flammen wurden erstickt. Den Zuschauern hat’s gefallen. Oder die Brände von Öl und Kunststoff, die zwar viel Qualm mit sich brachten, aber auch fürs Auge etwas boten. So waren vor allem die Kinder begeistert von den Schaumeinsätzen und besonders vom „Schneegestöber“, das ein anfliegender Hubschrauber mit den Schaumresten veranstaltete. Und manch Betrachter mag geschmunzelt haben, dass auch die Ehrengäste nicht verschont blieben. Vom Hubschrauber selbst wurde ein Ziel-Löscheinsatz geprobt, der erst nicht, dann aber um so besser klappte. Manch Zuschauer in der Tuchmachergasse bekam einen Schwall feinsten Aurachwassers ab, das der Hubschrauber aus der Luft abwarf. Einige hatten mitgedacht und spannten rechtzeitig Regenschirme auf.
Eine Stunde vor Beginn der Löschvorführungen war die Hauptstraße Podium einer anderen Schau. Rund 30 Feuerwehr-Einsatzfahrzeuge fuhren durch die Stadt und wurden fachkundig von Kreisbrandinspektor Josef Kummeth erläutert. Viele Interessenten begrüßten als erstes Fahrzeug ein Pferdegespann mit der alten Pumpe der Burgstaller Feuerwehr. Stolz präsentierten die Mannen um Klaus Förtner das historische Schmuckstück. Star des Nachmittags aber war zweifellos das einzige in Deutschland noch fahrbereite Feuerwehr-Fahrzeug der einstigen Wehrmacht: ein Dreiachser-Henschel aus dem Jahr 1938. Und ausgerechnet mit diesem hatten die Organisatoren Pech. Klappte der Transport mit einem von der Niederndorfer Firma Gumbmann kostenlos zur Verfügung gestellten Tieflader aus der Gegend von Kassel nach Herzogenaurach noch hervorragend, so „zerriß“ beim Anlassen in der Feuerwehrgarage der Motor. So wurde das alte Fahrzeug kurzerhand von einem anderen Auto per Stange durch die Altstadt geschoben.
„Hey Mann“ stand auf den T-Shirts, die die Szenerie am Freitagabend im Festzelt beherrschten. Zusammen mit Schirmmützen, aus denen ein Pferdeschwanz herausragte, wurden diese Souvenirs an eigenen Verkaufsständen der „Zillertaler Schürzenjäger“ massenweise an den Mann bzw. die Frau gebracht. Das Sextett aus Österreich, das lange Haare in Verbindung mit Volksmusik salonfähig gemacht hat, begeisterte die Massen vom ersten Ton an. So drängten sich die Fans scharenweise an der Bühne, ohne sich an der Lautstärke zu stören. Andere äußerten sich über das tiefe Brummen des Basses und die viel zu hohe Phonzahl negativ. Noch am anderen Tag hatte er Kopfschmerzen, verriet ein prominenter Gast. Am Bier kann´s nicht gelegen haben, also waren die Musik und die schlechte Luft im Festzelt daran schuld. Ein anderer musste sich mit dem Lob zurückhalten, gehört er doch dem Fanclub der Kastelruher Spatzen an, die im nächsten Jahr in Hammerbach in einem ebenso großen Festzelt auftreten sollen. Wieder andere, vorwiegend junges Publikum, freuten sich über den rockigen Schluß des Abends – mit Krachern wie „Black Night“ von Deep Purple oder dem legendären Steppenwolf-Renner „Born to be wild“. Sogar ein Schlagzeugsolo wurde, wie das ganze gut dreistündige Programm professionell vorgetragen, geboten.
Mutige Männer, einst ausschließlich Turner, waren es, die die Feuerwehr in Herzogenaurach gründeten und sich tapfer bei halsbrecherischen Löscharbeiten zur Verfügung stellten. Und sie mussten auch einen tadellosen Ruf genießen, um bei der Feuerwehr aufgenommen zu werden. Dies stellte Bürgermeister Hans Lang beim Empfang im Rathaus fest. Und die Seriosität ist auch heute, 125 Jahre später, noch ein wichtiges Merkmal einer Feuerwehr. Auch Gäste aus den Partnerstädten Wolfsberg und Sainte Luce – Bürgermeister Pierre Brasselet war mit Gattin an die Aurach gereist – und Feuerwehr-Kameraden aus Angermünde im Land Brandenburg nahmen an diesem Fest teil. Siegbert Sendner äußerte sich beim Empfang kurz froh darüber, dass man im Feuerwehrverein 1.300 Mitglieder in Herzogenaurach habe.
Der Festzug war wohl eines der publikumträchtigsten Spektakel, die Herzogenaurach bisher erlebte. Das beeindruckende Zahlenwerk im einzelnen: 157 Vereine, 18 Musikkapellen, im Ganzen über 3.300 Teilnehmer machten sich vom Schaeffler-Parkplatz auf den Weg durch die Innenstadt, die beidseits der Fest-Route von dichten Menschentrauben gesäumt war.
Angesichts der gewaltigen Resonanz, die selbst die kühnsten Erwartungen von Kommandant Siegbert Sendner übertroffen hatte, fand der Organisator nur einen Vergleich: „Alle Herzogenauracher Fußball-Vereine brauchten wohl zwei Jahre bis sie derart viele Zuschauer zusammenbringen, wie wir sie auch schon bei unserer Schauübung hatten.“ Welch großen Bekanntheitsgrad die Jubel-Wehr auch weit über die Grenzen der Stadt hat, zeigte sich beim Blick auf die Aufstellungsliste für den Festzug. Neben Vertretern aus den Nachbarlandkreisen fanden sich auch Vereine aus Rehau, Retzbach und Marktredwitz ein, die keine Wegstrecke scheuten, um gestern dabei zu sein.
Keine Bestätigung fanden die Befürchtungen mancher Festzug-Besucher, dass die Aneinanderreihung derart vieler Feuerwehr-Gruppen schnell zu einem langweiligen Bild führen würde. Dem hatten die Organisatoren bestens vorgebeugt und die Wehrmänner und -frauen immer wieder durch Musikkapellen, Feuerwehr-Oldtimern, Sportler-Gruppen und andere bunte Tupfer aufgelockert. Da fiel es keinem der Besucher schwer, Gefallen an der dreiviertelstündigen Vorstellung zu finden.
Besonders kräftigen Applaus von der hochkarätig besetzten Ehrentribüne, auf der sich neben MdB Dr. Gerhard Friedrich auch die beiden Landtagsabgeordneten Dr. Christoph Maier und Eberhard Irlinger befanden, ernteten die Mitglieder des Herzogenauracher Kleingartenbauvereins. Unglaublich welche Mühe sich die Gartier gegeben hatten, um ihren Traktor zu schmücken, der auf einem Hänger ein kleines Gartenhaus transportierte. Versehen mit unzähligen Blumen, die zum Teil auch ins Publikum geworfen wurden, gehörte der Beitrag der Gartenfreunde zu den auffälligsten.
Große Resonanz fand aber auch der feuerrote Löschtrabbi, Baujahr 1976, den die Langen-zenner Wehr präsentierte. Wie funktionstüchtig der knatternde Trabant ist, bekamen die zu spüren, die sich zu nah an das qualmende Löschfahrzeug wagten und so von der auf dem Dach montierten „Niederdruckleitung“ mit Wasser bespritzt wurden. Angesichts der ersten Sonnenstrahlen störte sich daran jedoch niemand, auch wenn Heßdorfs Bürgermeister Helmut Maar nach den ersten Einsätzen des Löschtrabbis vorsorglich seinen Schirm aufspannte.
Was man alles mit hochmodernem technischem Gerät anstellen kann, zeigten die Wehrmänner mit fünf Drehleitern. Bei dem „ Leiter-Ballett“, so Josef Kummeth poetisch, wurde das Manövrieren auf engstem Raum demonstriert. Eine andere Kunst demonstrierte der Pächter einer nahe gelegenen Wirtschaft. Er stellte kurzerhand einen Stand auf und verkaufte Semmeln und Dosenbier. Das Glück des Tüchtigen hatten die Organisatoren mit dem Wetter. Bei allen Vorführungen im Freien zeigte sich Petrus gnädig und verschonte Herzogenaurach mit Regen. Erst am Samstagabend öffnete der Himmel seine Schleusen, aber da saßen die Gäste trocken im Festzelt. Und am gestrigen Sonntag lachte der Himmel zum Festzug. Aber nicht nur Petrus schien gefallen zu finden an der Festlichkeit, ein anderer „Himmelsbewohner“ war neugierig ob der Ereignisse unter ihm: der Storch zog nach langer Zeit wieder einmal seine Kreise über der Herzogenauracher Altstadt.
Souverän führten die Redner durchs Programm. Josef Kummeth und Konrad Kummeth schilderten die einzelnen Vorführungen (Fahrzeugschau und Löscheinsätze), Klaus-Peter Gäbelein vom Heimatverein kommentierte den Festzug. Professionell ging auch der Rest über die Bühne, und die Feuerwehr kam im meist gut gefüllten Festzelt keineswegs ins Rudern. Hatte man doch genügend Mitarbeiter hinter dem Tresen und eine „Starbesetzung“ in der Kellner-Riege.
Mehr Probleme hatte da mit dem Massenansturm beispielsweise am Samstagabend nach den Vorführungen die Küche. So bildeten sich lange Schlangen an der Essensausgabe, und wer geduldig an die Reihe kam, musste sich dann verdutzt gefallen lassen, dass gerade sein Wunsch hier nicht erfüllt werden könne, sondern von der Kollegin einen Meter nebenan. Also wieder anstellen. Einige Zeltbesucher machen dieses Spiel nicht mit und besorgten aus einer benachbarten Pizzeria ihr Abendessen selbst. Länger hat das Warten darauf wohl auch nicht gedauert. Nur gut, dass die Kollegen von der Höchstadter Feuerwehr am Freitagabend Dienst schoben. Denn, wie es der Zufall meist so will, sie wurden just an dem ersten Abend der Feier zu einem Einsatz gerufen. So brannte gegen 23.20 Uhr auf der Straße zwischen Falkendorf und Herzogenaurach ein VW-Bus. Das Feuer wurde gelöscht, dennoch entstand ein Schaden von 3.000 Mark. Ein technischer Defekt wurde als Brandursache angegeben. Die Kollegen aus Zweifelsheim und Höfen waren dann am nächsten Abend dran. Hier hieß es, dass bei einem Unfall bei Dondörflein eine Person eingeklemmt war. Die Männer fuhren raus, doch die Sache war weniger schlimm als befürchtet. Keine besonderen Vorkommnisse registriert die Polizei in ihrem Pressebericht über das Geschehen im Rahmen der Fahrzeugschau und der Vorführungen in den Aurachwiesen. Beste Werbung machte die Feuerwehr mit ihrem Programm bei den Kindern. Begeistert verlangten die Kleinen bei der Wasserwand-Vorführung – wohl auch angesichts des damit verbundenen Eintrags ins Guinness-Buch der Rekorde – nach einer Zugabe. Mit dem Brustton der Überzeugung stellt ein anderer fest: „Ich will auch einmal Feuerwehrmann werden“ und schließlich gab’s ein Jubelgeschrei, als die Kleinen die Feuerwehrautos stürmen durften, um sich hoch zum Festplatz chauffieren zu lassen. Auch im Vorfeld waren viele junge Mitbürger interessiert, so hatte Siegbert Sendner keinerlei Probleme, Träger für die Tafeln beim Festzug zu bekommen. Noch am Freitag früh um 6 Uhr rief der letzte, ein Mann aus Weisendorf an, und bot die Mithilfe seines Sohnes an. Ein Höhepunkt war bis zum gestrigen Redaktionsschluss noch nicht über die Bühne, sprich in den Himmel, gegangen. Das Hochfeuerwerk war für gestern Abend um 22.30 Uhr angekündigt. Wir werden berichten, ob dieses Schauspiel dem Jahrhundertfest ein würdiges Ende bereiten konnte.